hinreichender Tatverdacht

Hinreichender Tatverdacht ist gegeben, wenn die Verurteilung des Beschuldigten in einer Hauptverhandlung nach Aktenlage wahrscheinlich ist. Dies bedeutet, die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung muss höher als die Wahrescheinlichkeit eines Freispruchs liegen. Diese Beurteilung nimmt der Staatsanwalt bei Anklageerhebung vor. Ein hinreichender Tatverdacht ist nämlich gemäß § 170 Abs. 1 StPO Voraussetung für die Erhebung der öffentlichen Klage (Anklageerhebung).

Liegt beim Anschluß der Ermittlungen kein hinreichender Tatverdacht vor, so stellt der Staatsanwalt das Ermittlungsverfahren „mangels (hinreichendem) Tatverdacht“ ein, § 170 Abs. 2 StPO.

§ 170 Entscheidung über eine Anklageerhebung

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

Aufgrund der Unbestimmtheit des Rechtsbegriffs hat die Staatsanwaltschaft bei der Erhebung der Anklage nämlich einen (relativ breiten) Beurteilungsspielraum. In diesem Rahmen trifft zunächst allein der Staatsanwalt eine Prognoseentscheidung, ob er persönlich nach vorläufiger Bewertung der Sach- und Rechtslage am Ende einer Hauptverhandlung nach Erhebung aller nach Aktenlage vorliegenden Beweise im Rahmen der Beweisaufnahme wahrscheinlich zu einem Antrag auf Verurteilung des Angaklagten käme. Dabei werden neben den nach Aktenlage ersichtlichen tatsächlichen Gesichtspunkten (Beweismittel) auch die rechtlichen Gesichtspunkte bewertet. Nur wenn in der Gesamtschau eine Verurteilung wahrscheinlich ist, erfolgt die Anklageerhebung.

In § 170 StPO selbst findet der Begriff hinreichender Tatverdacht gar keine Erwähnung. Allerdings wird er in § 203 StPO genannt. Denn vor der Eröffnug eines strafrechtlcihen Hauptverfahrens bei Gericht prüft das zuständige Gericht zunächst seinerseits, ob es auf Grundlage der von der Staatsanwaltschaft eingereichten Anklageschrift einen hinreichenden Tatverdacht gegen den Angeklagten sieht.

§ 203 Eröffnungsbeschluss

Das Gericht beschließt die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint.

Bewertet das Gericht das vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts anders als die Staatsanwaltschaft, so lehnt es die Eröffnung des Hauptverfahrens ab, vgl. § 204 StPO.